Kaiserplatzgalerie Aachen
Foto: Marika Jungblut

Bauvorhaben „Kaiserplatzgalerie Aachen“

In der Aachener Innenstadt soll ab 2009 ein Shopping-Center, die so genannte „Kaiserplatz­galerie“, errichtet werden. Das Baugelände befindet sich zwischen Kaiserplatz und Kugelbrunnen und grenzt südlich an die untere Adalbertstraße. Bis zum Frühjahr 2012 soll das Projekt realisiert werden.

Eckdaten der Planung

  • 70.900 m2 Brutto-Grundfläche
  • 15.500 m2 überbaute Fläche
  • 220 m x 100 m max. Ausdehnung
  • 29.300 m2 Netto-Verkaufsfläche
  • 4.300 m2 Mietfläche für Gastronomie und Dienstleistungen
  • 1.400 m2 Wohnfläche
  • 570–630 PKW-Stellplätze

Die überbaute Fläche ist etwa dreimal so groß wie die des Bushofes. Die Aachener Kaiserplatzgalerie liegt von ihrer Ausdehnung her in einer ähnlichen Größenordnung wie das Universitätsklinikum Aachen (237 m x 134 m) und ist damit größer als alle anderen innerstädtischen Gebäude.

Größenvergleiche – Innenstadtplan Aachen
Größenvergleiche – Innenstadtplan Aachen mit geplanter Kaiserplatzgalerie (rot) und bereits eingeplanten Flächen (rosa) außerhalb des Plangebiets 891 im Vergleich zu Bushof (orange) und historischem Zentrum mit Dom, Rathaus, Quadrum und Elisenbrunnen (grün)

An der Adalbertstraße werden Traufhöhen von über 18 m erreicht, technische Aufbauten werden mehr als 21 m über Geländeoberkante liegen. Dies entspricht mindestens 6 Normalgeschossen. Das denkmalgeschützte Eckgebäude Stiftstraße/Adalbertstraße erreicht etwa dieselbe Höhe, überragt allerdings die Nachbargebäude um einige Meter und hat einen wesentlich kleineren und zudem gegliederten Baukörper.

Vorhabenbezogener Bebauungsplan 891

Planung – Quelle: Stadt Aachen, Büro Kahlen
Plangebiet 891 (rot) und bereits eingeplante Flächen (rosa)
Quelle: Stadt Aachen, Büro Kahlen

Dem Bauvorhaben Kaiser­platzgalerie liegt der vor­haben­bezogene Bebauungs­plans 891 der Stadt Aachen zugrun­de. Dieser ist auf Initia­tive des Vorhaben­trägers auf­gestellt worden. Das Plan­verfahren wird im wesent­lichen vom Vorhaben­träger durch­geführt. Er beauftragt und finanziert alle plane­rischen und gut­achter­lichen Tätig­keiten, d. h. dass auch die Gut­achten zu Um­welt, Ver­kehr und Einzel­handels­ver­träg­lich­keit, die wesent­lich für die Beurtei­lung der Zulässig­keit des Vor­habens sind, unter seiner Kon­trolle ent­standen sind.

Die Stadt Aachen schafft lediglich die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für das Bauvorhaben. Ihr Einfluss auf die Ausgestaltung des Bauvorhabens beschränkt sich, neben der Aufsicht über die Einhaltung rechtlicher Vorgaben, auf die Aushandlung eines städtebaulichen Vertrags mit dem Vorhabenträger, in dem Einzelheiten zum Verfahren und zur Ausführung festgelegt werden. In diesem Vertrag sollen z. B. die konkreten Lärm- und Licht­schutz­maß­nahmen für die Parkgeschosse, eine Verpflichtung zum Bezug von Fernwärme, die Zugäng­lich­keit einiger Geschäfts­flächen unmittelbar von der Adalbert­straße her und Auf­lagen zur Fas­saden­gestaltung geregelt werden. Ein solcher Vertrag ist ein schwaches planungs­rechtliches Instrument, da die Folgen einer Vertragsverletzung gesetzlich nicht konkret bestimmt sind.

Veränderungen im Plangebiet

Unterer Abschnitt der Straße „Adalbertsberg“, der überbaut werden soll – Foto: Marika Jungblut
Unterer Abschnitt der Straße „Adalbertsberg“, der überbaut werden soll
Foto: Marika Jungblut

Der Adalbertsberg wird zu einem großen Teil abge­graben. Das Shopping-Center soll so tief in den Adalberts­berg hinein gebaut werden, dass das Erd­geschoss in Richtung Noppiusstraße größtenteils unter der Gelände­oberfläche liegen wird. Die abzufangende Hangwand an der Grenze zu den Grundstücken der Noppiusstraße wird über 15 m hoch sein. In diesem Bereich werden 3 Geschosse fast vollständig unter der Geländeoberkante liegen.

Die Straße „Adalbertsberg“ soll auf einer Länge von 80 m überbaut werden, um die Besucher im Bereich der derzeitigen Einmündung des Adal­berts­bergs in die Adal­bert­straße vom Kugel­brunnen her aufzunehmen und in das Shopping-Center zu leiten. Dafür müssen an der öst­lichen Seite der Straße „Adalbertsberg“ alle Gebäude bis einschließlich Haus Nr. 25 abgerissen werden und an der westlichen Seite alle Gebäude – außer dem denk­mal­geschützten Eckhaus zur Adalbertstraße – bis einschließlich gegenüber Haus Nr. 27. Im Bereich des Grundstücks Harscampstraße 7 soll die Kaiserplatzgalerie bis an die Harscampstraße ausgedehnt werden, so dass auch hier Gebäude abgerissen werden müssen.

Weitere Grundstücke an der östlichen Seite der unteren Harscampstraße und an der Nordseite der unteren Adalbertstraße sind ebenfalls im Besitz des Vorhabenträgers. In einer aktuellen Visualisierung des Vorhabenträgers sind Grundstücke an der Harscampstraße und die Grundstücke Adalbertstraße 80–90, die nicht Bestandteil des Bebauungsplans sind, bereits in die Planung einbezogen worden (rosa markierte Flächen in der Abbildung „Plangebiet 891“).

150 Jahre alte Rosskastanie, die gefällt werden soll – Foto: Marika Jungblut
150 Jahre alte Rosskastanie, die gefällt werden soll
Foto: Marika Jungblut

Auch die 150 Jahre alte Rosskastanie, die als Naturdenkmal gelistet ist, soll für den Neubau gefällt werden.

Der direkte Zugang zum Kugelbrunnen über die Straße „Adalbertsberg“ aus Richtung Wespienstraße/Noppiusstraße wird nicht mehr möglich sein. Stattdessen ist gegenüber von Haus Nr. 25 eine Rampe in Richtung Harscampstraße vorgesehen. Diese wäre so steil, dass laut Bauvorschrift ein Aufzug installiert werden muss, um Rollstuhlfahrern oder Menschen mit Kinderwagen die Passage zu ermöglichen. An der Südseite der Rampe ist ein Technikgebäude zur Energie­versorgung des Shopping-Centers geplant.

Voraussichtlich wird es einen direkten Zugang von der Straße „Adalbertsberg“ zu einer Geschäftsfläche im 1. Obergeschoss geben. Ein direkter Durchgang durch das Gebäude in der Fluchlinie des bisherigen Straßenverlaufs ist nicht vorgesehen, so dass die historische Straße „Adalbertsberg“ zerstört wird.

Wohnen

Etwa 5.000 m2 Wohnraum werden im Zuge der Abrissarbeiten zerstört, aber nur 1.400 m2 sind in den Plänen zum Neubau vorgesehen. Bewohner, die teilweise seit Jahrzehnten im Plangebiet leben, müssen der Kaiserplatzgalerie weichen und werden „umgesiedelt“. Obwohl es Studien gibt, nach denen in den nächsten Jahrzehnten in der Aachener Innenstadt der (bezahlbare) Wohnraum knapp werden wird, wurden den Planern der Kaiserplatzgalerie von Seiten der Stadt keine Auflagen zum Erhalt der vorhandenen Wohnflächen gemacht.

Aspekte des Denkmalschutzes

Zur Geschichte des Ortes

Denkmalschutz – Stadtansicht von 1576 mit Plangebiet (gelbe Markierung)
Stadtansicht von 1576 mit Plangebiet (gelbe Markierung)

Die geplante Kaiserplatzgalerie liegt im Bereich des mittelalterlichen Stadtgebietes. Sie grenzt unmittelbar an die äußere Stadtmauer, deren Verlauf dem des heutigen Alleen­ringes entspricht. Von der mittelalterlichen Stadt zeugen die Kirche St. Adalbert, die historisch auf die Gründung des Adalbertstiftes durch Kaiser Otto III. zurückgeht, sowie die Straßenführung der Adalbertstraße und des Adalbertsbergs.

Die Adalbertstraße wurde bereits 1215 als platea s. Alberti und der Adalberts­berg 1390 als mons s. Alberti (1650 als S. Albertzberg) urkundlich erwähnt. Als mittelalterliche Torstraße war die Adalbertstraße schon immer eine wichtige Ausfallstraße vom Stadtzentrum in die Eifel. Der Adalbertsberg als früherer Wohnsitz der Stiftsherren und als alter Pilgerweg ist eine der frühesten Wohnstraßen im Stadtviertel. Alle anderen Straßen, die das Baugebiet begrenzen (Beeckstraße, Noppiusstraße und Harscampstraße), stammen aus dem 19. Jahrhundert. Diese jüngeren Straßen wurden im Zuge der Stadterweiterungsplanungen gebaut, um das städtische Straßennetz im Bereich Kaiserplatz zu verdichten.

Weltkulturerbe und Denkmalschutz

Denkmalschutz – Quelle: Stadt Aachen/Denkmalpflege
Plangebiet Denkmalbereich Innenstadt mit Kerngebiet (blau),
Schutzzone A (grün) und Schutzzone B (gelb)
sowie Plangebiet Kaiserplatzgalerie (orange Markierung)
Quelle: Stadt Aachen/Denkmalpflege

Um das Weltkulturerbe „Aachener Dom und ehe­malige Pfalzanlage Karls des Großen“ zu sichern, richtet die Stadt Aachen mit Hilfe einer Denk­mal­schutz­satzung eine „Pufferzone“ ein. In dem hierzu vorgelegten Plan der Stadt Aachen (Plan­gebiet Denk­mal­bereich Innen­stadt) sind die verschiedenen Schutzzonen sowie die Bau­denkmäler der Stadt Aachen eingetragen. Die Adalbert­Straße sowie der Bereich Kaiserplatz mit St. Adalbert gehören demnach zur Schutz­zone B. Folgende Bau­denk­mäler liegen im Bereich des Baublocks der Kaiser­platz­galerie bzw. in unmittelbarer Nähe hierzu:

  • Kath. Propsteikirche St. Adalbert (Ehem. Stiftskirche, Adalbertstift. Der Kern stammt aus dem 11. Jahrhundert, Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte ein Umbau.)
  • Adalbertsberg 6 (Gebäude von 1763, ehemaliges Kutscherhaus)
  • Adalbertsberg 9 (Das Gebäude aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist zur Ruine verkommen. Es war Bestandteil des Denkmälerverzeichnisses, wurde aber bereits von der Liste genommen und soll abgerissen werden.)
  • Adalbertsberg 11 + 13 (Die beiden Häuser aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sollen für den Bau der Kaiserplatzgalerie abgerissen werden.)
  • Adalbertsberg 15 (Auch dieses Gebäude aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war Bestandteil des Denkmälerverzeichnisses. Es wurde ebenfalls von der Liste genommen und soll abgerissen werden.)
  • Adalbertsberg 29 (Gebäude aus der Mitte des 19. Jahrhunderts)
  • Adalbertstraße 61 (Eckgebäude zur Stiftstraße um 1900)
  • Adalbertstraße 63 (Gebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts)
  • Adalbertstraße 67 + 67a (Gebäude aus der Mitte des 19. Jahrhunderts)
  • Adalbertstraße 70 (Eckgebäude Adalbertsberg/Adalbertstraße aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es grenzt direkt an die geplante Kaiserplatzgalerie an.)
  • Noppiusstraße 12 + 14 (Zwei Gebäude aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die mit ihren Hinterhäusern an die Kaiserplatzgalerie angrenzen.)
  • Noppiusstraße 24 (Eckgebäude Noppiusstraße/Adalbertsberg aus der Mitte des 19. Jahrhunderts)
  • Beeckstraße 14 + 16 (Zwei weitere Gebäude aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die mit ihren Hinterhäusern an die Kaiserplatzgalerie angrenzen.)

Entsprechend der Stadtbildsatzung der Stadt Aachen aus dem Jahre 1979 (§ 3 Absatz 2) sind auch im Bereich der geplanten Kaiserplatzgalerie „Neu- und Umbauten unzulässig [...], wenn nicht der dem jeweiligen Straßenzug oder Platz durch überlieferte Frontbreiten der Gebäude eigene Maßstab durch entsprechende Fassadengliederung wiedergegeben wird“. Diese für den inneren Grabenring gültige Stadtbildsatzung muss auch auf die Adalbertstraße angewendet werden. Die aktuellen Planungen zur Kaiserplatzgalerie stehen jedoch der vorgesehenen Maßstäblichkeit diametral entgegen. Die Forderung nach dem Erhalt der kleinteiligen Struktur und der bestehenden Straßenführung bleibt bei den Umbauplänen unberücksichtigt.

Architektur und Stadtplanung

Die Qualität des Ortes

Der Bereich, der mit der Kaiserplatzgalerie überbaut werden soll, zeichnet sich durch eine kleinteilige Bebauung aus. Diese Kleinteiligkeit bestimmt den abwechslungsreichen und lebendigen Charakter des Ortes. Die Hanglage, die durch den ansteigenden Straßenverlauf der Beeckstraße und des Adalbertsbergs erlebbar wird, prägt die Atmosphäre des Gebiets.

Gerade diese beiden Qualitätsmerkmale – Kleinteiligkeit und erlebbare Topographie – kennzeichnen auch die beliebtesten innerstädtischen Straßen wie beispielsweise die Krämerstraße, die Großkölnstraße oder die Pontstraße. Unter der Voraussetzung, dass das Plangebiet sowohl für ein Wohn- als auch eine Geschäftsnutzung sehr attraktiv sein kann, sollte dieses Potential gezielt unter städtebaulichen, stadtplanerischen und architektonischen Vorgaben genutzt und verstärkt werden.

Die Defizite des Ortes

Nach dem Zweiten Weltkrieg und einer ersten Wiederaufbauphase stagnierte die Entwicklung des Gebiets. Die Gründe für diese Situation mögen vielfältig sein. Tatsache ist jedoch, dass durch die Grundstücksaufkäufe in den letzten Jahren die notwendige Weiterentwicklung des Ortes gezielt zugunsten einer künftigen großmaßstäblichen und überdimensionierten Lösung unterbunden wurde. Verständlicherweise tätigten Hausbesitzer und Geschäftsinhaber kaum noch Investitionen, da die Zukunft des Gebiets im Dunkeln lag. Die Leerstände in den aufgekauften Häusern und die damit verbundene Unattraktivität für Kunden zwangen auch einige Geschäftsleute auf der gegenüberliegenden Seite der unteren Adalbertstraße zur Aufgabe.

Die Mängel der Kaiserplatzgalerie

Die Kaiserplatzgalerie nimmt in keiner Weise Rücksicht auf die Eigenheiten des Ortes. Vom Kugelbrunnen bis zur Kirche St. Adalbert wird die kleinteilige Bebauungsstruktur durch eine durchgehende dreigeschossige Glasfassade ersetzt. Der monotone Anblick soll durch eine wellenförmige Fassadenführung im Grundriss und eine bauchförmige Wölbung der Glashülle kaschiert werden. Der Anschluss einer solchen Fassadenform an angrenzende Bestandsgebäude wird architektonisch nicht gelöst.

Die Schauperspektiven der Kaiserplatzgalerie suggerieren Offenheit zu den angrenzenden Straßen. Die geplante Wegeführung innerhalb der Kaiserplatzgalerie zeigt jedoch, dass dieses Versprechen nicht eingehalten wird. Die Zugänge zu den Geschäften liegen überwiegend im Inneren der Galerie. Die seitens der Politik geforderten Durchgänge zwischen Adalbertstraße und Mall sind in ihrer schmalen schlauchartigen Ausführung unattraktiv. Besucher werden so dazu animiert, sich hauptsächlich innerhalb der Galerie zu bewegen. Sie werden kaum dazu angeregt, „auf Abwege“ zu gehen und in den angrenzenden Straßen zu flanieren. Die parallele Führung der Mall zur Adalbertstraße wird nicht zu einer Belebung der Adalbertstraße führen. Stattdessen wird sich die Adalbertstraße zu einem Hinterhof der Passage entwickeln.

In den Schauperspektiven wird durch die gläsernen Fassaden der Eindruck erweckt, das pulsierende Leben in der Galerie würde die angrenzenden Straßen zumindest optisch beleben. Dies ist jedoch nur in beschränktem Maß der Fall. In den Bereichen der Glasfassade, hinter denen sich das Parkhaus und die gewendelte Zufahrtsrampe befinden, werden nur beleuchtete Poster zu sehen sein. Zugunsten einer wirtschaftlich effizienten Nutzung der Ladenflächen werden darüber hinaus weite Teile der restlichen Glasfassade ebenfalls verstellt sein.

Die topographische Situation des Gebiets wird ignoriert. Der bestehende Hang wird abgegraben, und das Gebäude schiebt sich mit seiner Rückseite bis an die Grenze der vorhandenen Bebauung der Noppiusstraße. Den dortigen Anwohnern bietet sich der Blick auf eine zweigeschossige Parkpalette. Um den Eingang der Galerie näher an die Adalbertstraße heranzuführen, wird der untere Teil des Adalbertsbergs Teil der Verkaufsfläche und verschwindet somit auf einer Länge von 80 Metern als Straße. Die seit Jahrhunderten bestehenden Sicht- und Wegverbindungen werden unterbrochen. Wie die Rückseite der Galerie zur Beeckstraße und zum abgekappten Teil des Adalbertsbergs hin ausgestaltet werden soll, wird in den vorliegenden Plänen nicht dargestellt. Es besteht das Risiko, dass dem Betrachter hier ein unattraktives „Hinterteil“ präsentiert wird.

Wirtschaft

Bezug zum örtlichen Einzelhandel

In der Aachener Innenstadt sind derzeit ca. 1.000 Betriebe mit insgesamt ca. 170.000 m2 Verkaufsfläche vorhanden. Mit der Kaiserplatzgalerie würde die Verkaufsfläche um etwa 17 % wachsen. Das verfahrensbegleitende Einzelhandelsgutachten prognostiziert einen wettbewerbsbedingten Wegfall von etwa 10 % der bestehenden Einzelhandelsflächen. Im Klartext heißt das, dass wegen der neuen Galerie ca. 100 Geschäfte schließen könnten.

Das Argument, riesige Shopping-Malls zögen neue Besucherkreise in die Stadt und belebten dadurch auch den übrigen Einzelhandel, hat sich bereits in anderen Städten als unhaltbar erwiesen. Vielmehr führt die Konzentration der Kunden auf die Malls zu einer Verödung der umliegenden Straßen. Die Kaufkraft der Kunden steigt nicht, nur weil die Verkaufsfläche größer wird.

Erfahrungsgemäß werden von diesem Verdrängungswettbewerb besonders kleine und mittlere Fachgeschäfte betroffen sein, die keiner größeren Ladenkette angehören und Umsatzeinbußen deshalb schwer kompensieren können. Franchiseunternehmen und große Ketten werden begünstigt, so dass sich der Charakter der Einkaufsbereiche immer weiter an den anderer Städte angleicht. Das individuelle Flair der Aachener Einkaufsstraßen, das die Stadt für Besucher gerade attraktiv macht, wird zerstört.

Verkehr und Umwelt

Nach dem jetzigen Planungsstand soll das Shopping-Center im 2. und 3. OG Parkflächen für 570 bis max. 630 Pkw integrieren. Der oft verwendete Begriff „Parkhaus“ ist irreführend, da es sich nicht um ein separates Gebäude handelt, sondern um in den Einkaufskomplex integrierte Parkgeschosse. Sie wären auch langfristig nicht zu entfernen bzw. umzuwidmen, etwa in Wohnraum.

Das Thema Verkehrskonzept der Kaiserplatzgalerie ist eines der politisch umstrittensten. Der Investor verlangte im ersten Entwurf 850 Stellplätze, die ASEAG bezifferte in ihrer Stellungnahme Anfang 2007 den Bedarf auf 350 Stellplätze. Die Mehrheit im Stadtrat, SPD und Grüne, sehen es als Erfolg an, in Verhandlungen die Zahl auf 600 ± 5 % gedrückt zu haben. Es wurde ein Maßnahmenpaket beschlossen, das den Investor zur Finanzierung von Kompensationen heranzieht.

Die prognostizierten täglichen 4.000–5.000 Kfz-Bewegungen, konzentriert auf eine Zufahrtsstraße zwischen Kaiserplatz und Heinrichsallee, werden eine erhebliche Zunahme der Feinstaub- und NO2-Immissionen verursachen. Selbst der von der Stadt beauftrage Gutachter konstatiert in seinem „Umweltbericht“ die „zusätzliche Verschlechterung der ohnehin schon erheblichen Gesamtbelastung“ rund um den Kaiserplatz. Gerade hier wurden die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte der Luftverschmutzung und Lärmbelastung bis dato in einer alarmierenden Größenordnung überschritten, die Aachen zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans gezwungen hat.

Wir haben das Gutachten einem unabhängigen Umweltingenieurbüro zur Prüfung vorgelegt. Dabei stellten sich u. a. zu den Aspekten Lärmbelastung, Grundwasserproblematik, Stadtklima (Kaltlufttransport) und Lufthygiene methodische und sachliche Mängel heraus. Besonders zum Verkehrskonzept vermissen die unabhängigen Experten zukunftsweisende Alternativen und Maßnahmen wie Pendelbusse von und zu ausgelagerten preisgünstigen Parkflächen, kundenfreundliche Transportsysteme für Einkaufsartikel und Einbeziehung des Aachener Einzelhandels.

Verkehr und Umwelt – Quellen: Parkinfo Aachen, APAG
Anzahl der Stellplätze in Parkhäusern (blau) in fußläufiger Entfernung zur geplanten Kaiserplatzgalerie (rot), Zeitangaben in Gehminuten (v = 5 km/h)
Quellen: Parkinfo Aachen, APAG

Nebenstehende Grafik veranschaulicht die kurzen Fußwegeverbindungen aus den umliegenden Parkhäusern und macht deutlich, dass eigene Parkflächen innerhalb der Kaiserplatzgalerie überflüssig sind.

Bereits im September 2007 haben Bezirksvertretung Mitte und Verkehrsausschuss die Verwaltung beauftragt, „Fußwegeverbindungen zwischen den Parkhäusern und den sie umgebenden Zielen zu untersuchen, zu verbessern und das Wegweisungssystem zu überarbeiten“. Geschehen ist das leider noch nicht.